Der letzte Überschuss: 1954, 1962 oder 1970?

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Archivbild Bruno KreiskyAPA/ROBERT JAEGER
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Die verschiedenen Arten, das Budget zu berechnen, führen zu unterschiedlichen Defizitzahlen – und führten schon in der Vergangenheit immer wieder zu Überschüssen.

Wien. Der erste Überschuss im Bundesbudget seit 1954 – als die meisten Österreicher noch gar nicht auf der Welt waren. Dieses Vorhaben der Bundesregierung klingt gut, stimme aber nicht. Meinen Kritiker. Und verweisen auf einen Überschuss im Jahr 1962. Manche finden sogar in den Budgets der 1970er-Jahre unter SPÖ-Bundeskanzler Bruno Kreisky mehr Einnahmen als Ausgaben.

Mathematik mag eine exakte Wissenschaft sein, die Budgetberechnung ist es nicht. Denn die Überschüsse zwischen 1954 und heuer wurden mit rechnerischen Tricks erreicht, wie das Wifo herausfand, das für die „Presse“ die verschiedenen Budgetzahlen verglichen und nachgerechnet hat.

So wurden vor 1970 die Tilgungen für die Schulden herausgerechnet. Damit kommt man tatsächlich auf einen kleinen Überschuss des Bundes im Jahr 1962. Nimmt man die Tilgungen hinein – was man muss, weil es ja Ausgaben sind –, dann war der letzte Überschuss des Bundes tatsächlich im Jahr 1954.

Administrativ vs. struktuell

Und was ist mit dem Überschuss in den 1970er-Jahren? Den gab es laut Zahlen mancher Ökonomen, allerdings stellen diese Zahlen das Staatsbudget dar – also Bund, Länder und Gemeinden – und nicht den Bundeshaushalt allein.

Ob diese Rechnungen aber überhaupt stimmen, ist unklar. Das Wifo traut sich keine Beurteilung zu, weil man vor 1976 keine verlässlichen Zahlen habe und auch nicht wisse, was in die Rechnungen einbezogen wurde. Der Finanzminister plant jedenfalls für 2019 auch auf Staatsebene ein ausgeglichenes Budget.

Aber was für eines? Auch das kann man auf verschiedene Arten berechnen. Der Überschuss des Bundes von 541,2 Millionen Euro im Jahr 2019 ist nämlich ein administrativer Überschuss. Gerechnet werden dabei nur die Einnahmen und die Ausgaben. Mit dieser Art der Rechnung kommt man 2019 auch gesamtstaatlich auf ein ausgeglichenes Budget.

Strukturell allerdings sieht es anders aus. Da steht 2019 im Staatshaushalt ein Minus von 0,5 Prozent. Denn konjunkturelle Schwankungen müssen bei dieser Berechnungsmethode herausgerechnet werden, konkret die gute Wirtschaftsentwicklung, die die Einnahmen sprudeln lässt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2018)

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