Schüsse auf Deniz Naki: Opfer "eines rassistischen Angriffs"

Der Fußballer Deniz Naki, noch zu seiner Zeit bei FC St. Pauli
Der Fußballer Deniz Naki, noch zu seiner Zeit bei FC St. Pauliimago/HochZwei
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Unbekannte schossen auf den dezidierten Erdogan-Gegner und kurdischen Fußball-Profi Naki auf der Autobahn. Er vermutet den türkischen Geheimdienst hinter dem versuchten Attentat.

Rund 40 Kilometer trennen die deutschen Städte Aachen und Düren im Westen des Landes, und auf dieser Strecke war der Fußballer Deniz Naki in der Nacht auf Montag mit seinem Auto unterwegs. Die Schüsse seien gefallen, als Naki auf der rechten Spur gefahren sei, wie er der „Welt“ erzählt. Er habe sich geduckt und sei auf die Seite gefahren: „Ich hatte Todesangst.“

Abgesehen von den Einschusslöchern – eine Kugel soll Medienberichten zufolge seinen Reifen getroffen haben – blieb Naki unverletzt. Die deutsche Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen eines „versuchten Tötungsdelikts“, aber Naki und seine Unterstützer sind sich sicher: Er ist das Opfer „eines rassistischen Angriffs“ geworden, weil er ein dezidierter Gegner des türkischen Präsidenten, Recep Tayyip Erdoğan, sei. „Ich gehe davon aus, dass es ein MIT-Agent (türkischer Geheimdienst, Anm.) war oder ein anderer, dem meine politische Haltung nicht passt“, sagte Naki der „Welt“.

Der 28-Jährige wurde in Düren geboren und ist türkisch-kurdischer Abstammung. Naki spielte für mehrere Vereine, unter anderem für den FC St. Pauli, und war Teil der deutschen U21-Nationalmannschaft. „Wir sind schockiert und fassungslos, aber heilfroh, dass Du wohlauf bist“, schrieb FC St. Pauli am Montag auf Twitter. Seit 2015 spielt Naki für Amedspor in Diyarbakir, der Kurdenhochburg in der Türkei. Erst vergangenen Sommer, im südtürkischen Mersin, stürmte ein Mann während des Spiels das Feld und griff Naki an. (Todes-)Drohungen erhalte er regelmäßig, vor allem über die sozialen Medien, so der Fußballspieler. „Ich wusste immer, dass so etwas kommen kann. Aber dass mir so etwas in Deutschland passiert, damit hätte ich nie gerechnet!“

Wer waren die Attentäter?

Im vergangenen Jahr verurteilte ein türkisches Gericht Naki zu einem Jahr und sechs Monaten Haft auf Bewährung, zuvor hatte er in sozialen Medien das Vorgehen der türkischen Streitkräfte in der Kurdenregion kritisiert. Das Gericht sah den Tatbestand der Terrorpropaganda erfüllt. „Ich bin in der Türkei eine laufende Zielscheibe, weil ich mich prokurdisch äußere“, sagte Naki jüngst in einem Interview. Er lässt sich bisweilen mit der kurdischen Fahne fotografieren, auf seiner linken Hand hat er sich das Konterfei Che Guevaras tätowieren lassen. Nakis Gegner schreiben in sozialen Medien, dass dieser die verbotene PKK unterstütze.

„Der Anschlagsversuch auf Deniz Naki beweist das, wovor wir die ganze Zeit gewarnt haben“, heißt es in einer Aussendung des kurdischen Dachverbands Nav-Dem in Deutschland, „Kritiker des Erdoğan-Regimes sind in Deutschland längst nicht mehr sicher.“ Die Vorsitzende, Ayten Kaplan, kritisierte darüber hinaus, dass die Bundesregierung „die Gefahr, die vom türkischen Geheimdienst und ihren Auftragsmördern“ gegen Aktivisten und Oppositionelle nicht ernst genug nehme. Wer die Attentäter waren, ist derzeit jedoch unklar. Sie waren laut Naki in einem schwarzen Kombi unterwegs.

Ankaras Einfluss

Dass der türkische Präsident Einfluss auf Teile der deutsch-türkischen Gemeinschaft hat, haben nicht zuletzt die Wahlkampfzeiten sowohl in Deutschland als auch in der Türkei gezeigt. Aufgrund der bilateralen Krisenzeit rief Erdoğan die Türken in Deutschland auf, nicht die Regierungsparteien CDU und SPD zu wählen. Ankara hat in Deutschland Einfluss über die staatlichen Moscheevereine und über die parteinahe UETD, die Veranstaltungen organisiert und sich auch um die Besuche von AKP-Politikern in Europa kümmert. Zuletzt rückte die Rockergruppe Osmanen Germania ins Visier der deutschen Ermittler. Die in verschiedenen Städten im Stil der Hells Angels auftretenden Biker sollen Gelder direkt aus der AKP erhalten und sich damit Schusswaffen besorgt haben. Dem Innenministerium Nordrhein-Westfalens zufolge pflege Osmanen Germania Kontakte zur Erdoğan-Partei und vertrete türkisch-nationalistische, bisweilen rechtsextreme Positionen. Und: Ihre Aktivitäten würden sich gegen Oppositionelle, Kurden und Anhänger der Gülen-Bewegung richten.

(duö)

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"Ich habe mich sofort weggeduckt und bin dann rechts auf den Standstreifen gerollt", sagt der 28-Jährige. Die Schüsse seien aus einem schwarzen Kombi abgefeuert worden.

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