Petr Kellner: Sechs Milliarden und ein Dreitagebart

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Petr Kellner, der Reichste im Land, baute geschickt ein Firmenimperium auf.

Wien (ag/nst).Petr Kellner hat etwas, das viele Männer in seinem Alter nicht haben – und vermutlich auch nie haben werden: Geld. So viel Geld, dass es beinahe unmöglich ist, es zu zählen, und auch nicht ganz leicht, es auszugeben. Nach Schätzungen des US-Wirtschaftsmagazin Forbes verfügt der Tscheche – wohlgemerkt der Reichste seines Landes – über ein Vermögen von sechs Mrd. Dollar (4,4 Mrd. Euro). Damit reiht sich Kellner auf der Liste der Milliardäre bereits auf Platz 76 ein. Voriges Jahr belegte der attraktive 44-Jährige noch Platz 91. Und das, obwohl sein Vermögen damals noch auf 9,3 Mrd. Dollar geschätzt wurde – andere hat die Krise noch weit härter getroffen.

Über Kellner weiß man allerdings nicht viel. Bekannt ist, dass er die Werke tschechischer Fotografen aus den 20er- und 30er-Jahren sammelt – er soll die größte private Fotosammlung des Landes besitzen. Außerhalb Tschechiens ist er fast unbekannt. Das liegt auch daran, dass der scheue Unternehmer die Öffentlichkeit meidet. Der verheiratete Mann und Vater von vier Kindern hält sich meist beruflich im Ausland auf.

Die Wochenenden verbringt Kellner mit seiner Familie in einem modernen Architektenhaus in einem Vorort von Prag. Sein Image bereitet ihm keine großen Sorgen. In einem seiner raren Interviews verriet er, er mache sich mehr Sorgen über die Umweltverschmutzung der tschechischen Hauptstadt als darüber, was die Bevölkerung über Reiche denkt.

Griff nach Russland

Sein Geld hat der studierte Ökonom nach dem Fall des Eisernen Vorhangs gemacht, so wie viele russische Oligarchen. Im Zuge der sogenannten Coupon-Privatisierung (Bürger erhielten Coupons und erwarben so Anteile an staatlichen Unternehmen) gründete er mit zwei Kollegen im Jahr 1991 den Fonds PPF. Der ist heute der größte Finanzdienstleister Tschechiens, sein Hauptgeschäft ist das Bank- und Versicherungswesen. Kellner hält an ihm 95 Prozent. Zurzeit legt sich Kellner mit dem russischen Oligarchen Oleg Deripaska an, der als Folge der Finanzkrise rund 90 Prozent seines Vermögens verloren hat. Über die Konzerntochter PPF Investments konnte Kellner bereits 38 Prozent der Anteile am russischen Versicherer Ingosstrakh erwerben. Das Problem dabei: Oleg Deripaska hält über seine Firma Basic Element ebenfalls Anteile am Versicherer. Das Engagement Kellners, der die Mehrheit an Ingosstrakh will, kommt Deripaska nicht zupass. Erst vergangenen September hat Kellner vor Gericht gegen Deripaska gewonnen und steckte damit seine Einflusssphäre ab.

Dass Kellner ein Gespür fürs Geschäft hat, bewies er bereits Anfang der 90er-Jahre. Wenige Jahre nach der Gründung der PPF erwarb er 20 Prozent der Aktien an der größten tschechischen Versicherung, Ceska pojistovna. Zur Jahrtausendwende übernahm er dort bereits die Mehrheit.

Viel Lust am Kaufen

Vor zwei Jahren gelang der nächste große Coup. Für 1,1 Mrd. Euro verkaufte Kellner seinen 51-Prozent- Anteil an Ceska pojistovna an die italienische Generali-Versicherung, in deren Aufsichtsrat er nun sitzt. Die beiden Unternehmen gründeten ein Joint Venture, um ihre Osteuropa-Aktivitäten zu bündeln. PPF ist daran mit 49 Prozent beteiligt. Kürzlich hat der Pharmakonzern Sanofi-Aventis knapp 97 Prozent der Aktien am Konkurrenten Zentiva übernommen. Da auch Kellners PPF an Zentiva beteiligt war, hat der Tscheche nun wieder einige hundert Millionen Euro mehr in der Kriegskassa.

Wie gut es seiner PPF zurzeit geht, kann man nur bedingt sagen. Die letzten Jahreszahlen, die das Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden veröffentlichte, sind von 2007. Der Gewinn vor Steuern betrug 244 Mio. Euro, um 37 Prozent weniger als 2006. Im Zuge der Krise musste das Unternehmen Sparmaßnahmen einleiten. Mitarbeiter wurden abgebaut, Projekte auf Eis gelegt.

Dennoch hat Kellner derzeit eine Milliarde Euro zur Verfügung, um ins Wanken geratene und dadurch günstige Unternehmen zu kaufen. Das teilte er unlängst einer tschechischen Zeitung mit. Bleibt also abzuwarten, wo Kellner als Nächstes zuschlagen wird.

Auf einen Blick

Petr Kellner ist laut US-Wirtschaftsmagazin „Forbes“ mit einem geschätzten Vermögen von sechs Mrd. Dollar die Nummer 76 unter den reichsten Menschen der Welt. Der Tscheche verdient sein Geld mit dem 1991 gegründeten Finanzkonzern PPF und gründete ein Joint Venture mit der Generali.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2009)

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