FPÖ-Vorwürfe gegen Lehrling falsch: Keine Entschuldigung von Gudenus

INTERVIEW MIT FPOe-KLUBOBMANN JOHANN GUDENUS
INTERVIEW MIT FPOe-KLUBOBMANN JOHANN GUDENUSAPA/GEORG HOCHMUTH
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Die Behauptung der FPÖ, ein oberösterreichischer von Abschiebung bedrohter Lehrling sei ein Terrorsympathisant, stimmt nicht. FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus entschuldigt sich nicht.

FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus sieht sich nicht für die falschen Beschuldigungen gegen einen Asylwerber in Lehre verantwortlich. "Ich finde das für ihn sehr bedauerlich", sagte er am Donnerstag. Fehler habe die FPÖ aber keine gemacht: "Im Prinzip wurde nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt."

Gudenus hatte einen Facebook-User angezeigt; die FPÖ hatte sich damit gebrüstet, bei dem Angezeigten handle es sich um einen oberösterreichischen Lehrling, der zuletzt wegen eines Besuchs von Bundespräsident Alexander Van der Bellen der Öffentlichkeit bekannt wurde. Die Beschuldigung der FPÖ war aber falsch. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft.

Entschuldigung bleibt aus

Für den FPÖ-Klubchef ist die Causa jedenfalls abgeschlossen: "Im Prinzip ist die Sache für uns erledigt." Dennoch, betonte Gudenus, werde man auch künftig "immer wenn es darum geht, radikal-islamistische Inhalte zu bewerten, wachsam sein" und diese an die Behörden weiterleiten. Eine Entschuldigung in Richtung des falsch beschuldigen Lehrlings, wie von mehreren Seiten gefordert, gab es von Gudenus nicht.

Die Staatsanwaltschaft Wels bestätigte am Donnerstag, dass es sich im Fall des von der FPÖ angezeigten Facebook-Users nicht um einen oberösterreichischen Lehrling handelt, der von Bundespräsident Alexander Van der Bellen besucht worden war. Es habe sich "um eine Verwechslung gehandelt", sagte Behördensprecherin Birgit Ahammer. Details wolle sie am Freitag veröffentlichen.

Das Facebook-Profil, weswegen FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus einen Mann als mutmaßlichen Terrorsympathisanten angezeigt hatte, gehört also nicht jenem von der Abschiebung bedrohten Lehrling, mit dem die FPÖ die Anzeige beworben hatte. Das Facebook-Profil gehört jemand anderem. Das ergaben die polizeilichen Ermittlungen.

Die FPÖ hatte versucht, für Gudenus' Anzeige Aufmerksamkeit zu erzeugen, indem sie behauptete, der Angezeigte sei jener junge Mann aus Oberösterreich, der vor kurzem von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Integrationslandesrat Rudi Anschober (Grüne) an seiner Lehrstelle - in einem Supermarkt - besucht worden war. Der Bundespräsident wollte damit ein Signal an die Bundesregierung setzen, eine humanitäre Lösung beim Aufenthalt von Asylwerbern in Lehre zu finden. Die FPÖ hatte sich damals medienwirksam über den Besuch empört.

Anschober: "Zeitpunkt der Diffamierung eines Lehrlings" kein Zufall

Gudenus hatte den Mann dann wegen einer möglichen Straftat im Internet vor einigen Tagen angezeigt. Die FPÖ hatte sich dabei auf "Gefällt mir"-Angaben auf einem Facebook-Profil bezogen, das aber nicht dem Lehrling gehörte. Nebeneffekt des freiheitlichen Vorgehens: Anschobers Initiative "Ausbildung statt Abschiebung" wurde so in Misskredit gebracht.

Auf der Facebook-Seite Anschobers ist ein Foto des Lehrlings markiert. Das dieser Markierung zuzuordnende Profil hat aber nicht nur einen anderen Namen, sondern der Mann am Profilbild ist auch korpulenter, trägt einen anderen Haarschnitt und gibt an, nicht in Oberösterreich zu leben - sondern in Wien. Für Anschober hatte deshalb schon vor einigen Tagen "vieles darauf hingedeutet, dass der Name nicht ident ist"; er hatte von Gudenus Belege für die Anschuldigungen verlangt.

"Völlig wehrlosen jungen Menschen angeprangert"

Anschober erhob nun nach der Verwechslungsbestätigung der Staatsanwaltschaft schwere Vorwürfe gegen Gudenus: Dieser habe "einen völlig wehrlosen jungen Menschen öffentlich angeprangert. Und versucht jetzt wie ein Feigling die Schuld anderen umzuhängen", meinte der Landesrat in einer Aussendung.

Gudenus habe "trotz vielfacher Appelle meinerseits verweigert, seine angeblichen Belege vorzulegen. Bei einer Offenlegung dieser sogenannten Belege wäre der Fehler sofort sichtbar geworden", betonte Anschober. Auch hätte der blaue Klubobmann "die kurzen Ermittlungen des Verfassungsschutzes abwarten können, bevor er an die Öffentlichkeit geht". Dann wäre nichts passiert. Diese Vorgehensweise dürfe "nicht zur Normalität in diesem Land" werden, meinte Anschober, er selbst werde nun "ganz sicher nicht zur Tagesordnung übergehen".

FPÖ beschuldigt jetzt Anschober, Gudenus schweigt

Der Landesrat kündigte eine politische Erklärung "zu den notwendigen Konsequenzen dieses Skandals" unmittelbar nach der Präsentation der Ermittlungsergebnisse durch die Staatsanwaltschaft Wels an. Diese dürfte am Freitag erfolgen.

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky reagierte auf die FPÖ-Blamage am Donnerstag indes mit Vorwürfen gegen Anschober. Dieser habe "den besagten Lehrling selbst in Misskredit gebracht, in dem er wochenlang auf seiner Facebook Seite falsch verlinkt war. Damit hat Anschober diese Person selbst mit einem Terror-Liker in Verbindung gebracht" [sic]. Anschober sei daher "für eine etwaige Verwechslung auch alleinig verantwortlich". Die FPÖ habe "die richtige Person angezeigt", meinte Vilimsky. Gudenus selbst ging am Donnerstag auf Tauchstation und wollte trotz mehrmaliger Anfragen nicht zur FPÖ-Blamage Stellung nehmen.

Auch Gudenus sieht die Verantwortung nicht bei sich - sondern bei Landesrat Anschober. Die FPÖ hatte ein Foto des Lehrlings auf Anschobers Facebook-Seite gesucht und war der Markierung darauf zu einem Facebook-Profil gefolgt, das nicht dem zu Unrecht Beschuldigten gehörte - sondern jemand anderem. Der Lehrling sei ein "Oper der Fahrlässigkeit des Herrn Anschober", meinte Gudenus: Man habe die Informationen von der Facebook-Seite des grünen Landesrats "eins zu eins dem Verfassungsschutz weitergeleitet".

Dass der falsche Link auf das Foto des Mannes womöglich aus freiheitlichen Reihen erfolgt sein könnte, um Vorwürfe gegen den Asylwerber und die Initiative "Ausbildung statt Abschiebung" zu konstruieren, schloss Gudenus naturgemäß aus und ergänzte: "Normalerweise verlinkt der Seiteninhaber - aber nicht immer."

Van der Bellen "sehr froh"

Die Bestätigung der Staatsanwaltschaft hat Van der Bellen unterdessen inmitten eines Besuches in der Schweiz ereilt. Er habe deshalb noch "keine Gelegenheit gehabt, die Veröffentlichungen anzusehen", wie er am Donnerstag am Rande eines Treffens der deutschsprachigen Staatsoberhäupter im Engadin erklärte.

Er wolle sich den Bericht der Staatsanwaltschaft und der polizeilichen Behörden nun "sehr genau anschauen und dann meine Schlüsse daraus ziehen". Grundsätzlich wolle er die Sache "nicht aus der Schweiz kommentieren". Aber: "Wenn es so ist, wie Sie sagen, dann bin ich sehr froh darüber", betonte der Präsident.

Zadic bietet Rechtshilfe an

Auch die Bundes-Opposition meldete sich zu dem Fall zu Wort - und kritisierte die FPÖ scharf. Alma Zadic (Liste Pilz) nannte das Vorgehen der Partei "menschlich widerlich und politisch verantwortungslos". Zadic, selbst ehemalige Rechtsanwältin, bot dem betroffenen Lehrling Rechtshilfe an. Sie forderte zudem Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auf, "seinem Koalitionspartner FPÖ Einhalt zu gebieten".

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher zeigte sich "entrüstet" ob des Vorgehens der FPÖ und verlangte eine Entschuldigung der Partei. Er warf Gudenus vor, vorsätzlich gehandelt zu haben, "um politisches Kleingeld zu wechseln. Dann reden wir von Verleumdung".

(APA)

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